(Kommentare: 0)
Alternative Kinderbücher rund um Patchwork, Körpersensibilität, Vielfalt und Toleranz
Während im Kleinkindalter einfache Bilder- und Fühlbücher hoch im Kurs stehen, erfüllen Bücher ab dem Kindergartenalter eine wichtige Rolle bei der Entwicklungsförderung deines Kindes. Mithilfe eins Buches kannst du gewisse Dinge erklären, Themen erzählerisch vermitteln, wenn dir vielleicht selbst die Worte fehlen und deinem Kind die Möglichkeit geben, sich mit der Welt und ihren Spielarten auseinanderzusetzen.
Vorlesen bildet
Je früher du damit beginnst, deinem Kind vorzulesen, desto selbstverständlicher wird der Umgang mit Geschichten und Bildern. Aus pädagogischer Sicht stellen Bücher einen wesentlichen Bildungsfaktor für Kinder dar. Zum einen fördern vorlesen und selbst lesen die Sprachentwicklung und das Verständnis für Schrift- oder Umgangssprache. Zum anderen hilft eine Geschichte Kindern dabei, die Welt um sich, den Alltag oder gewisse Probleme zu begreifen, die sie nicht benennen oder nur schwer verarbeiten können. Ein gutes Buch kann also als Hilfsmittel verstanden werden, dessen sich Eltern bedienen dürfen. Natürlich kann eine Geschichte kein Eltern-Kind-Gespräch ersetzen, aber du kannst ein Buch hinzuziehen, um deinem Kind etwas zu erklären, es zu ermutigen, es zu unterstützen oder ein Alltags- oder Zukunftsthema spielerisch zu visualisieren.
Nun gibt es die Kinderbuchklassiker, die wir alle kennen. Geschichten von Pippi Langstrumpf, von den Kindern aus Bullerbü, vom kleinen Ich bin Ich, vom Tiger und Bär, von Bibi Blocksberg, dem Grüffelo und vielen mehr. Die Auswahl an Kinderbüchern ist mittlerweile riesengroß. Viele Bücher sind wundervoll illustriert, haben spannende, verborgende Funktionen wie Klappen im Buch oder regen dein Kind auf andere Weise zum aktiven Zuhören an.
Alternativen zu Klassikern
Die Kindaktuell-Redaktion hat ein wenig über den Tellerrand geblickt und wollte wissen, welche Kinderbuchalternativen sich aktueller Themen wie Patchwork-Familien, Trennungen, Sexualität/Entdeckung des eigenen Körpers oder aber auch Rassismus annehmen. Schließlich handelt es sich hierbei um Aspekte, über die wir mehr sprechen, mit denen wir uns beschäftigen sollten und an die wir unsere Kinder sanft heranführen dürfen. Wir haben einige wunderbare Alternativen abseits vom Mainstream gefunden und freuen uns, was für ein schönes Bild entstehen darf, wenn Klassiker und moderne Kinderbücher im Regal nebeneinander Platz nehmen dürfen:
Wie spreche ich mit meinem Kind über …
… Body Positivity & Körpergrenzen
Mein Körper gehört mir!
Von: Dagmar Geisler
Damit wir ein positives Bild von uns selbst und unserem Körper entwickeln können, müssen wir ihn erst einmal annehmen, so wie er ist. Und wie das geht, bringen wir unseren Kindern idealerweise schon im Vorschulalter bei. „Mein Körper gehört mir“ ist ein Buch, das vom deutschen pro familia Verband herausgegeben wird und mit dem Kinder- und Jugendbuchpreis des Deutschen Ärztinnenbundes e. V., „Die Silberne Feder“ ausgezeichnet wurde.
Es handelt sich um ein Aufklärungsbuch, das Kindern ab fünf in einfacher und leicht verständlicher Sprache erklärt, wie wichtig Körpererfahrungen und Körpergrenzen sind. Mia entdeckt ihren Körper, der sich im Laufe der Jahre verändert. Sie liebt Berührungen, sie liebt es mit ihren Eltern oder der Oma zu kuscheln und sie mag es, ihre beste Freundin zu umarmen. Mia weiß jedoch auch, dass sie entschlossen „Nein“ sagen darf, wenn sie jemand unangenehm berührt. Sie übt es, Berührungen abzuwehren, mit denen sie nicht einverstanden ist und sie wehrt sich, Bilder anzusehen, bei denen sie sich unwohl fühlt. Sie weiß auch, wem sie sich anvertrauen kann, wenn ihr etwas am Herzen liegt. Besonders gut gefällt uns dieses Extra: Das Buch beinhaltet eine große Körperlandkarte, die jedes Kind für den eigenen Körper ausfüllen und aufhängen kann.
Vom Verlag empfohlenes Lesealter: Ab 5 Jahren
… vielfältige Familienformen
Alles Familie! Vom Kind der neuen Freundin vom Bruder von Papas früherer Frau und anderen Verwandten.
Von: Alexandra Maxeiner (Text) und Anke Kuhl (Illustration).
Das mit dem deutschen Jugendliteraturpreis ausgezeichnete Kinderbuch „Alles Familie“ beschäftigt sich mit den unterschiedlichsten Familienformen, die es in unserer Gesellschaft gibt. Das klassische Vater-Mutter-Kind(er)-Modell wird ebenso thematisiert wie all die anderen Varianten von der Patchworkfamilie über die Regenbogenfamilie bis hin zu Stief- und Großfamilien. In einer einfachen, aber sehr wertschätzenden Sprache schreibt die Autorin darüber, dass jede Familie, egal wie sie aussieht, ihre Eigenheiten, Rituale und liebenswürdigen Eigenschaften hat. Sie erklärt kindgerecht den Nutzen der Gemeinschaft und betont, dass es vollkommen normal ist, von der eigenen Familie auch einmal verwirrt zu sein. Schöne Idee: Am Ende des Buches kann jedes Kind seine Familie beschreiben, alle Familienmitglieder benennen, zeichnen und überlegen, was eben genau diese eigene Familie so einzigartig macht.
Vom Verlag empfohlenes Lesealter: Ab 5 Jahren
… Weiblichkeit & Menstruation
Lina, die Entdeckerin.
Von: Katharina Schönborn-Hotter, Lisa Sonnberger, Flo Staffelmayr
Die Heldin dieser Geschichte rund um Körpersensibilität, Weiblichkeit und Sexualität ist Lina. Sie ist eine wissbegierige Entdeckerin, die alles hinterfragt und erkunden möchte. Ihre Forschungsreise dreht sich um ihren eigenen Körper. Sie möchte jede Körperöffnung, jede Stelle, jede Ritze und am liebsten jede Pore kennenlernen. Nackte Menschen interessieren sie ebenso wie Körperbehaarung und Ausscheidungen, die unseren Körper wie selbstverständlich verlassen. Besonders spannend findet sie ihre Vulva. Sie untersucht ihr Geschlechtsorgan äußerst gründlich, nennt es beim Namen und macht sich Gedanken über die korrekte Intimhygiene. Lina reist außerdem ins Innere, in ihre Vagina. Sie beschäftigt sich mit der Regelblutung und lässt sich von ihrer großen Schwester erklären, wofür man als junge Frau Tampons, Binden oder Menstruationstassen verwendet.
Vom Verlag empfohlenes Lesealter: Ab 3 Jahren
… Sexualität
Liebe machen.
Von Hans-Christian Schmidt und Andreas Német.
Irgendwann kommt der Zeitpunkt, an dem Kinder wissen wollen, wie denn Baby entstehen und warum Mädchen eine Vagina und Buben einen Penis haben. Manche fragen früher danach, andere erst später, spätestens im Volksschulalter ist es jedoch so weit. Es ist vollkommen normal, wenn es die schwerfällt, die richtigen Worte zu finden und mit deinem Kind offen über das Thema Sexualität zu sprechen. In gewisser Hinsicht ist es in unserer Gesellschaft immer noch ein Tabu-Thema und viele Mamas und Papas wurden in ihrer Kindheit selbst wenig bis gar nicht aufgeklärt.
Das Buch „Liebe machen“ können wir dir in diesem Zusammenhang sehr ans Herz legen. Wir dürfen ein Steinzeitpärchen begleiten, dass sich unsterblich ineinander verliebt, sich unaufhörlich küsst und sich fürs Liebesspiel in die Höhle zurückzieht. Witzig illustriert werden die körperlichen Veränderungen, die durch die Erregung beider zu sehen sind, ebenso sehen wir auf den Bildern, in welchen unterschiedlichsten Stellungen der Mann in die Frau eindringen kann. Die beiden fühlen sich wie eins und irgendwann wächst im Bauch der Frau ein Baby heran. Sobald das Baby geboren ist, werden sie zur Familie und genießen ihr Glück in der Höhle zu dritt. Am Ende des Buches sehen wir, dass es heute immer noch so ist, wenn zwei Menschen sich lieben. Besonders gut gefällt uns der Hinweis, dass auch zwei Frauen oder zwei Männer ihren Säugling verliebt im Arm halten können.
Vom Verlag empfohlenes Lesealter: Ab 4 Jahren
… Gendersensibilität
Erbsenklein Melonengroß. Das gendersensible Vorlesebuch rund um Familie und Geburt.
Von Cornelia Lindner und Verena Tschemernjak.
Toni, das Kind mit den zwei verschiedenen Socken, bekommt ein Geschwisterchen. Und jetzt möchte Toni natürlich wissen, wie das Baby in Mamas Bauch gekommen ist und wie es dort überhaupt hineinpasst. Tonis Eltern erklären dem Kind in einer neutralen, gendersensiblen und sehr achtsamen Sprache, wie Erwachsene miteinander schlafen und welche wichtige Rolle die sichtbaren Geschlechtsorgane dabei spielen. Toni lernt, dass Vulva und Penis bei jedem Menschen anders aussehen und dass es auch Menschen gibt, die eine Mischung aus Vulva und Penis haben.
Ebenso gibt es verschiedene Familienformen. Manche Kinder wachsen mit ihren Geschwistern auf, andere leben nur teilweise bei ihren Eltern und manche haben zwei Mamas oder zwei Papas. Toni erfährt, wie es zur Befruchtung von Samenzelle und Eizelle kommt und dass das Baby dann neuen Monate in Mamas Bauch wächst – zuerst ist es nur so groß wie eine Erbse, kurz vor der Geburt hat es dann schon die Größe einer Wassermelone erreicht. Toni freut sich auf den Familienzuwachs und beschließt, gemeinsam mit dem Papa zu kochen und mit dem Baby spazieren zu gehen, damit sich die Mama im Wochenbett ausruhen kann.
Vom Verlag empfohlenes Lesealter: Ab 4 Jahren
… Gefühle & Kummer
Häschen tröstet
Von Corri Doerrfeld
Wie geht man mit Misserfolgen im Leben um? Wenn man wütend ist, und seine Gefühle nicht ordnen kann? Man sehnt sich in einer solchen Situation nach jemanden, der einem bei dem eigenen Prozess der Verarbeitung von Gefühlen einfach nur beisteht, ohne sich einzumischen. Genau darum geht es bei "Häschen tröstet". In dem vielfach ausgezeichneten Buch baut Charlie einen Turm aus Bauklötzen, der leider zerstört wird. Viele Freunde versuchen ihn auf die unterschiedlichsten Arten zu trösten - doch nur das Häschen setzt sich einfach still dazu und hilft Charlie dadurch, zur Ruhe zu kommen und mit seinen Gefühlen ins Reine zu kommen. Am Ende hat er wieder Lust, einen neuen, noch viel tolleren Turm zu bauen!
Dieses Buch unterstützt dabei, die eigene Gefühlswelt zu prüfen, anzuerkennen und Grenzen zur Meinung anderer zu setzen. Das fördert die Resilienz. Eine Fähigkeit, von der auch Erwachsene profitieren können. Pluspunkt: Die Illustrationen sind äußerst liebevoll gestaltet.
Vom Verlag empfohlenes Lesealter: Ab 3 Jahren
… männliche Identität
Ein Junge wie du
Von Frank Murphy
Ein Junge muss stark sein, darf nicht weinen und muss Fußball spielen? Wenn er das will, ist daran selbstverständlich nichts verkehrt, doch diese Eigenschaften alleine machen einen Jungen nicht aus. Ein Bub kann nämlich viel mehr sein als das: feinfühlig, hilfsbereit, empathisch, kreativ und optimistisch. Dieses Buch zeigt kleine Jungen, wie sie sich selbst annehmen können um eines Tages authentische, selbstbewusste Männer werden. Das Buch ist modern und detailreich illustriert und stellt unterschiedlichste Körper dar - weil jeder Junge einzigartig und auf seine Art besonders ist. Übrigens auch in den Versionen "Ein Mädchen wie Du" sowie "Ein*e Freund*in wie Du" erhältlich!
Vom Verlag empfohlenes Lesealter: Ab 3 Jahren
… Lebensmittel
Wo kommt unser Essen her?
Von Julia Dürr
Die Milch kommt aus der Packung und die Fischstäbchen aus dem Karton, die Karotten vom Marktstand und das Brot vom Bäcker. Doch - wie genau gelangt unser Essen eigentlich auf den Tisch? Wo war es vorher? Welche Menschen, Betriebe und Maschinen tragen dazu bei? In diesem großformatigen Buch erfahren Kinder ganz genau, woher Milch, Brot, Fisch, Fleisch, Äpfel, Eier und Tomaten kommen - und zwar Schritt für Schritt anhand zahlreicher Bilder erklärt. Denn wer weiß, woher sein Essen kommt, kann bewusste Entscheidungen treffen und versteht besser, was unsere Nahrungsmittelproduktion mit dem Klima zu tun hat. Spannend: Auch allgemeine Themen wie Lebensmittelmarketing, Verpackungen, Kennzeichen und Etiketten werden beleuchtet.
Vom Verlag empfohlenes Lesealter: Ab 6 Jahren
Einen Kommentar schreiben