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Väterkarenz

Als Stichwort durchaus prominent, in Punkto Umsetzung hinkt Österreich jedoch weit hinterher. Die Väterkarenz ist ein Modell zur Förderung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowie zur Gleichstellung von Mann und Frau (Gender Mainstreaming), welches seit geraumer Zeit auch gesetzlich verankert ist.

Vater mit Baby im Kinderzimmer

Die Möglichkeit, mehr Zeit mit dem Nachwuchs zu verbringen, wird nach Angaben der österreichischen Frauenministerin jedoch aktuell nur zu 5% von Männern genutzt. Zu groß ist die Scheu davor, seine Wünsche am Arbeitsplatz bekannt zu geben. Denn vor allem in der Privatwirtschaft gelten Karenzväter immer noch als „Exoten“, die sie nicht selten mit dem Vorwurf konfrontiert sehen, dass ihnen berufliche Aufgaben nicht wichtig genug wären.

Vereinbarkeit von Beruf und Familie

Wenn neues Leben entsteht, ist dies tatsächlich ein kleines Wunder. Für Paare bedeutet es jedoch auch, dass das Familien- und Erwerbsleben innerhalb weniger Monate neu organisiert werden muss. Soziale Transferleistungen, die die Vereinbarkeit von Beruf und Familie fördern sollen, bilden eine wichtige Säule der österreichischen Familienpolitik. Grundsätzlich sind Frauen und Männer gleichermaßen anspruchsberechtigt. Die Praxis zeigt jedoch, dass über 90% aller Frauen, eine Karenzregelung beanspruchen oder gänzlich aus ihrem Beruf ausscheiden. Eine 2001 von Procter & Gamble durchgeführte Studie zum Thema Väter und Karenz bestätigt die Situation. Von 404 befragten Männern sind nur 6% in Karenz gegangen. Nur wenige gaben an, eine Auszeit vom Beruf in Erwägung gezogen zu haben. Für die überwiegende Mehrheit der Befragten war eine Väterkarenz gar kein Thema.

Unabhängig vom Auftraggeber entsprechender Studien sind die Gründe, die augenscheinlich gegen eine Väterkarenz sprechen, immer dieselben. An erster Stelle aller Nennungen liegt stets das Einkommen. Familien geben an, dass ein tägliches Auskommen ohne das volle Gehalt des Mannes kaum oder gar nicht vorstellbar wäre. Ein Argument, welches vordergründig durchaus Sinn macht. Schließlich verdienen Männer in Österreich im Schnitt immer noch wesentlich mehr als Frauen. Nicht zuletzt deshalb weil viele Frauen in Teilzeit- oder geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen stehen. Experten gehen jedoch davon aus, dass psychologische Motive im Hintergrund (häufig auch unbewusst) ebenso einen großen Einfluss haben. Traditionelle Rollenbilder sind in den Köpfen der Menschen immer noch fest verankert. Nur wenige haben den Mut, aus diesem klassischen Verständnis auszubrechen und sich auf unbekanntes Terrain zu wagen. Eine Entscheidung für die Väterkarenz würde nämlich bedeuten, dass Mütter früher in ihren Vollzeitjob zurückkehren. Männer hingegen müssten sich ungewohnten Aufgaben im Haushalt und der Erziehung widmen.

Jene Männer, die sich gegen eine Väterkarenz entschieden haben, führen als zweithäufigstes Motiv Bedenken bezüglich der eigenen Karriere an. Sie fürchten, dass sie sich durch die Inanspruchnahme der Karenz wichtige berufliche Chancen verbauen oder den Anschluss zur eigenen Firma verlieren könnten. Diesbezüglich gibt es nach Ansicht von Experten vor allem seitens der Privatwirtschaft Handlungsbedarf.

Gesetzliche Regelung in Österreich

Der Anspruch auf Karenz in ist Österreich im Rahmen der so genannten Elternkarenz gesetzlich geregelt. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben die Möglichkeit, eine Freistellung vom Beruf bis zum zweiten Geburtstag des Kindes zu beantragen. Voraussetzung dafür ist, dass sie gemeinsam mit dem Kind in einem Haushalt leben. In dieser Zeit verzichtet der Vater oder die Mutter auf ihren Lohn. Er/sie erhält jedoch Kinderbetreuungsgeld. Außerdem steht er/sie während der Karenz unter Kündigungs- beziehungsweise Entlassungsschutz. Väter, die im öffentlichen Dienst beschäftigt sind, haben seit 1. Jänner 2011 Anspruch auf ein „Papamonat“. Es handelt sich hierbei um eine unbezahlte Karenz von maximal 4 Wochen. Zeitlich gesehen müssen Väter das Papamonat innerhalb von zwei Monaten nach der Geburt also im eigentlichen Mutterschutz (Beschäftigungsverbot für Mütter) absolvieren.

Vorbild Schweden

Nordische Staaten, allen voran Schweden, gelten seit Jahren als Vorreiter, wenn es um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie geht. Sozialpolitisch als auch wirtschaftlich gesehen misst man der Gleichberechtigung von Mann und Frau in Schweden einen hohen Stellenwert zu. Dies findet seinen Niederschlag auch in Erziehungsfragen. Das schwedische Karenzmodell sieht folgende Regelung vor: beiden Eltern stehen insgesamt 16 Monate Karenzzeit zur Verfügung. 12 Monate davon können nach Belieben untereinander aufgeteilt werden. Die restlichen 4 Monate teilen sich in jeweils 2 Monate Karenzanspruch für den Vater und 2 Monate Anspruch für die Mutter. Dieser Anspruch ist nicht übertragbar. Für die Karenz steht den Eltern 80% des letzten Einkommens zu. Nach spätestens 18 Monaten ist eine Rückkehr in den Vollzeitjob geplant, nach Vereinbarung mit dem Arbeitgeber sind auch Teilzeitmodelle möglich. Väter beanspruchen in Schweden etwa 24% der gesamten Karenzzeit.

Das „schwedische“ System funktioniert nicht zuletzt aufgrund des flächendeckenden Angebots von Kinderbetreuungseinrichtungen. Die knappe aber Geschlechter-gerechte Karenzregelung sieht zwar vor, dass Eltern früher als beispielsweise in Österreich in ihren Beruf zurückkehren. Dafür gibt es in Schweden jedoch ausreichend Plätze in Kinderkrippen und Kindergärten, die vom Staat stark subventioniert werden und somit für Eltern erschwinglich sind.

Chance für Väter & Unternehmen

Die Wirtschaftskammer Österreich bemüht sich seit einiger Zeit, ihre Mitglieder zu ermutigen, mit dem Thema Väterkarenz offener umzugehen. Je klarer und positiver sich ein Unternehmen intern zur Väterkarenz positioniert, desto leichter fällt es dort beschäftigten Vätern die Karenz auch tatsächlich in Anspruch zu nehmen. Experten gehen davon aus, dass die vorübergehende Abwesenheit weder den Karriereplänen des entsprechenden Mitarbeiters noch dem Unternehmen schadet. Normalerweise kehren Väter mit einem höheren Engagement an den Arbeitsplatz zurück. Außerdem erwerben sie während der Karenz so genannte Soft Skills, die sie später vor allem in Punkto Teamarbeit und Mitarbeiterführung gewinnbringend einsetzen können. Sich für einige Zeit ausschließlich der Erziehung des Kindes und damit verbundenen neuen Aufgaben zu widmen, davon profitieren die Väter auch auf persönlicher Ebene. Sie können ein tieferes Verhältnis zu ihrem Nachwuchs aufbauen und erlangen ein echtes Verständnis für die Herausforderungen von Hausarbeit, Kindererziehung und Familienmanagement. Für Kinder ist diese Zeit ohnehin ein Gewinn, denn sie merken, dass sie nicht nur in der Mutter, sondern auch im Vater eine starke und verläßliche Bezugsperson haben.

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