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Esstörungen und Magersucht
Magersucht ist eine schwere psychische Erkrankung, die das Leben eines Menschen stark beeinträchtigen, zu gesundheitlichen Problemen und in Extremfällen auch tödlich enden kann. Sie betrifft insbesondere Mädchen in der Pubertät und junge Frauen.
Hintergründe der Magersucht
Der medizinische Ausdruck für Magersucht lautet anorexia nervosa oder Anorexie. Die Betroffenen nehmen aus panischer Angst vor einer Gewichtszunahme nur sehr wenig Nahrung zu sich, wodurch eine starke Gewichtsabnahme eintritt. Das so entstehende Untergewicht kann tödliche Folgen haben und wird von Medizinern und Untersuchung auf eine Sterblichkeitsrate von 10-15% geschätzt (Betroffene die an den Folgen versterben).
Magersucht tritt insbesondere in den westlichen Industrieländern auf. Die Krankheit beginnt meist bei jungen Frauen oft zu Beginn der Pubertät, kann sich aber über Jahrzehnte hinziehen. Obwohl Frauen häufiger betroffen sind, gibt es auch Männer, die an Magersucht leiden. Bei ihnen wird die Krankheit allerdings nur selten vermutet, was den Krankheitsverlauf erschwert.
Verlauf einer Magersucht
Die Magersucht beginnt oft schleichend und wird daher – auch von den Betroffenen selbst – nicht als solche erkannt. Die Krankheit tritt in der Regel zum ersten Mal am Anfang der Pubertät auf. An ihrem Beginn steht meist eine Verunsicherung. Diese kann ausgelöst werden durch eine bestimmte Erfahrung – zum Beispiel ein Schulwechsel –, Veränderungen, die die Pubertät mit sich bringt oder eine Bemerkung, welche in dem Mädchen das Gefühl auslöst übergewichtig zu sein – meist zu Unrecht, denn die wenigsten der Betroffenen haben zu diesem Zeitpunkt tatsächlich Übergewicht.
Als Reaktion auf diese Verunsicherung wird klassischerweise eine Diät durchgeführt, für deren Gelingen das Mädchen von seinem Umfeld Aufmerksamkeit wenn nicht gar Bewunderung erhält. Oft werden als Unterstützung auch appetitzügelnde Tabletten eingenommen. Nach und nach gerät die junge Frau in eine Art Abwärtsspirale, die letztendlich dazu führt, dass sie mit der Diät nicht mehr aufhören kann beziehungsweise diese immer weiter verstärkt. Das Abnehmen ist zu einer Sucht geworden die anderen Süchten – etwa Alkoholismus – durchaus ähnelt.
So wird auch bei der Magersucht der eigene Zustand stark verzerrt wahrgenommen. Das bedeutet, die Betroffenen betrachten sich, auch wenn sie bereits starkes Untergewicht aufweisen, als zu dick. Obwohl die Mädchen immer weniger essen, beschäftigen sich darüber hinaus zwanghaft mit dem Thema Nahrung. Viele Magersüchtige genießen daher Kochen oder das Lesen von Kochbüchern sehr. Auch wird die Magersucht, ähnlich wie andere Süchte, meistens vertuscht – etwa durch Hin- und Herschieben einer Mahlzeit auf dem Teller.
- Als medizinische Kennzeichen der Magersucht gelten:
- Mehr als 15% des ursprünglichen Gewichts werden abgenommen
- Angst vor Gewichtszunahme
- Der Körper wird verzerrt wahrgenommen
- Aussetzen der Menstruation durch das geringe Körpergewicht
Ursachen
Die Ursachen der Magersucht sind nicht eindeutig bestimmt, allgemein wird die zugrundeliegende Problematik in Verbindung mit Geschlechterrollenbildern in der Gesellschaft sowie Dynamismen in der jeweiligen Familie gesehen.
Frauen in unserer Gesellschaft identifizieren sich in der Regel stark über ihr Aussehen. Schlanksein wird dabei mit einem Frauenbild verbunden, das sexy, frei, aktiv und modern ist. Viele Frauen sind daher unzufrieden mit ihrem Körper und achten permanent auf ihr Gewicht oder sind gar auf Dauerdiät – womit Mädchen schon in sehr jungen Jahren konfrontiert werden.
Darüber hinaus weisen die Familien Magersüchtiger oftmals sehr ähnliche Strukturen auf: Die typische Magersuchts-Familie stammt aus einer mittleren bis oberen Gesellschaftsschicht, ist in der Regel nicht geschieden und wirkt nach außen hin auffällig harmonisch. Es gibt eher wenig Kinder und kaum Söhne. Die Mütter verzichten oft für die Familie auf einen Beruf, die Väter legen auf den Intellekt und die sportlichen Leistungen ihrer Töchter großen Wert.
Die Kinder dieser Familien werden stark ermutigt sowie gefördert und erhalten oft große Privilegien. Hieraus resultiert bei ihnen das Gefühl, ständig durch Leistung beweisen zu müssen, dass sie diese Privilegien auch verdient haben. Obwohl die Mädchen oft scheinbar erfolgreich sind, fühlen sie sich hierfür innerlich nie gut genug.
Was tun, professionelle Hilfe?
Eltern die den Verdacht haben, ihr Kind könnte an Magersucht leiden, sollten unbedingt professionelle Hilfe in Anspruch nehmen. Denn Essstörungen sind ernste psychische Krankheiten, deren Verlauf durch eine schnelle fachgerechte Behandlung stark begünstigt wird. Ergänzend gilt:
- Keinen Druck machen, normal zu Essen. Das verstärkt das Problem oft noch und zeigt so gut wie nie Wirkung.
- Die Betroffenen nach ihrem Befinden generell und nicht nur über ihr Essverhalten und ihr dünn sein befragen.
- Informationen über Essstörungen im Internet, in Fachliteratur oder bei entsprechenden Vereinen einholen.
- Bei Gesprächen mit Betroffenen in der Ich-Form sprechen – also: „Ich habe beobachtet, dass du zwei Kleidergrößen abgenommen hast“.
- Sich selbst Unterstützung holen und nicht mit Schuldgefühlen quälen.
Therapie und Behandlung bei Magersucht
Die Therapierung einer Magersucht sollt so früh wie möglich beginnen, da dies die Heilungsaussichten entscheidend verbessert. Dabei wird einerseits auf eine Gewichtszunahme und andererseits auf eine Aufarbeitung der der Krankheit zugrundeliegenden psychischen Problematik hingearbeitet. Beide Faktoren sind wichtig. So ist einerseits mit stark untergewichtigen Patientinnen eine Psychotherapie wenig sinnvoll und anderseits kann es – werden die Hintergründe der Krankheit nicht hinreichend einbezogen – zu Rückfällen oder anderen psychischen Krankheiten wie Depressionen kommen.
Um das Körpergewicht wieder aufzubauen ist meist ein stationärer Aufenthalt in einer Spezialeinrichtung erforderlich. Hier erhalten die Betroffenen auch Psychotherapie und – da mit dem Entstehen der Krankheit auch Dynamismen in der jeweiligen Familie verbunden werden – Familientherapie.
Verschiedene Formen von Essstörungen
Neben der Magersucht gibt es eine Reihe weiterer Essstörungen. Die Grenzen zwischen den verschiedenen Formen verschwimmen dabei oft. Nicht selten geht auch eine Essstörung in eine andere über.
Bei der Bulimie / Ess-Brechsucht kommt es zu Essattacken, bei denen große Mengen an meist sehr kalorienreicher Nahrung in kürzester Zeit gegessen werden. Anschließend erbrechen die Betroffenen sich absichtlich, um die zugenommene Nahrung wieder loszuwerden. Viele Frauen versuchen die Essattacke auch durch den Gebrauch von Abführmitteln oder exzessiver körperlicher Betätigung rückgängig zu machen. Bulimikerinnen halten ihr Verhalten oft sehr erfolgreich geheim, weshalb die Krankheit meist sehr lange unbemerkt bleibt. Dies wird verstärkt durch die Tatsache, dass das Gewicht bei einer Bulimie meist im Normalbereich liegt. Dennoch sind die möglichen körperlichen Folgeerscheinungen alles andere als harmlos: Die Zähne, der Verdauungstrakt und die Nieren können geschädigt werden, desweiteren treten oft Osteoporose oder Herzkreislaufprobleme auf.
Der Begriff Diabulimie beschreibt eine Variante der Bulimie, bei welcher Diabetikerinnen sich zu wenig Insulin verabreichen, um ihr Gewicht zu kontrollieren. Diese Praxis ist sehr gefährlich und führt oft zu schweren bleibenden Schäden etwa an Nieren oder Augen.
Auch das zwanghafte Achten auf eine gesunde Ernährung kann in eine Essstörung münden, welche dann als Orthorexia nervosa bezeichnet wird.
Bei der Adipositas / Fettsucht kommt es durch übermäßiges Essen zu einer Zunahme des Körpergewichts (etwa 25% über dem Normalgewicht). Mögliche Folgen einer Adipositas sind etwa Bluthochdruck, Gelenkprobleme oder eine höhere Wahrscheinlichkeit, an Diabetes zu erkranken.
Die Adipositas kann in sehr unterschiedlichen Varianten auftreten. Kommt es zu Essanfällen, bei welchen in kurzer Zeit eine große Menge an Nahrung unkontrolliert aufgenommen wird, spricht man von Binge Eating Disorder.
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