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Autismus
Das Autismussyndrom beschreibt eine Entwicklungsstörung, die von Geburt an vorhanden ist und in den ersten Lebensjahren zum Vorschein kommt. Der Dachverband Österreichische Autistenhilfe definiert Autismus in erster Linie als „Wahrnehmungsverarbeitungsstörung, die dem betroffenen Menschen massive Probleme bei der Verarbeitung von Umweltreizen (akustische, optische, taktile, etc.) bereitet“ und zusätzlich als Störung im sozialen Bereich.
Ursachen ?
Die Ursache für die Entstehung autistischer Beeinträchtigungen konnte bis heute nicht restlos geklärt werden. Mediziner und Psychologen gehen von einem Zusammenspiel mehrerer Faktoren aus, wobei neurophysiologische und genetische Faktoren als besonders bedeutsam angesehen werden. So wird vermutet, dass eine Kombination mehrerer Gene verantwortlich sein könnte, die eine wichtige Rolle bei der Entwicklung des Gehirns spielen, erläutert das Wiener Autistenzentrum Arche Noah. Autismus entsteht demnach vermutlich schon innerhalb der ersten Schwangerschaftswochen.
Von 10.000 Kindern sind laut der Österreichischen Autistenhilfe 63 von einer tiefgreifenden Entwicklungsstörung betroffen, die zugleich die größte Störungsgruppe im autistischen Spektrum darstellt. Davon leiden wiederum 17 Kinder an Autismus, weitere acht am Asperger Syndrom. In Österreich sind rund 48.500 von einer tiefgreifenden Entwicklungsstörung betroffen, davon 13.600 von frühkindlichem Autismus.
Betrachtet man diese Zahlen näher, fällt auf, dass Buben wesentlich häufiger autistische Beeinträchtigungen vorweisen, als Mädchen. Das Verhältnis liegt hier bei 4:1. Zudem treten familiäre Häufungen des Syndroms auf: Die Wahrscheinlichkeit, dass Geschwister eines betroffenen Kindes ebenfalls an Autismus leiden, liegt bei drei bis acht Prozent.
Verschiedene Ausprägungen
Bei Autismus unterscheidet man zwischen verschiedenen Ausprägungen. Das Kanner Syndrom bezeichnet den frühkindlichen Autismus, betroffene Kinder lehnen soziale Kontakte ab, sprechen nicht oder nur sehr unverständlich, die Sprachentwicklung ist deutlich verzögert und erste Auffälligkeiten zeigen sich schon vor dem dritten Lebensjahr.
Das Asperger Syndrom umschreibt auffälliges Sozialverhalten der Betroffenen sowie Probleme bei Kommunikation mit anderen. Die Sprachentwicklung beginnt schon früh, nonverbale Kommunikation findet jedoch nicht oder nur wenig statt. Die Intelligenz der Betroffenen ist ausgeprägter als beim Kanner Syndrom.
Beim High Functioning Autismus sind Merkmale des frühkindlichen Autismus festzustellen, jedoch bei höherer Intelligenz. Selten findet man klare Anzeichen einer autistischen Ausprägung, vielmehr vermischen sich die Merkmale bei betroffenen Kindern.
Merkmale
Je nach Kind, Art und Ausprägung der Beeinträchtigung, fallen die autistischen Symptome unterschiedlich aus und können sich auch im Laufe der Jahre verändern. Manche Kinder verhalten sich fast wie andere Gleichaltrige, andere werden durch das Syndrom sehr stark in ihrem Verhalten beeinflusst. Auch die intellektuelle Beeinträchtigung kann sehr unterschiedlich ausfallen.
- Verschiedene Auffälligkeiten sind zu beobachten:
- Beeinträchtigung der verbalen und nicht-verbalen Kommunikation
- auffällige soziale Interaktion
- Verhalten, Interessen und Aktivitäten sind eher einseitig und in der Bandbreite eingeschränkt
- Rituale und gewohnte Abläufe werden bevorzugt, viele Wiederholungen, Veränderungen werden eher negativ aufgenommen
- Probleme in der Grob- oder Feinmotorik
- selbstbezogen und in sich gekehrt
Diese Beeinträchtigungen können sich etwa bemerkbar machen, indem ein Kind Körperkontakt zu anderen Menschen eher ablehnt, auf Gesichtsmimik oder andere emotionale Äußerungen wie Lächeln nicht reagiert, Probleme beim An- und Ausziehen, beim Öffnen von Verschlüssen, beim Malen oder mit dem Essbesteck hat oder Sprache nicht als Kommunikationsmittel verwendet. Kinder mit autistischen Beeinträchtigungen verwenden Spielzeug oft nicht wie andere Kinder – viele spielen keine Rollenspiele, reihen die Spielsachen gerne aneinander und ordnen sie, erklären die Experten der Arche Noah.
Diagnose
Die Diagnose einer autistischen Störung wird anhand der Diagnosekriterien des DSM-IV (Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders) und des vermehrt im deutschsprachigen Raum verwendeten ICD-10 (International Classification of Deseases) gestellt, weiß man bei der Österreichischen Autistenhilfe. Zugleich muss immer eine Abgrenzung zu anderen Erkrankungen und Störungsbildern wie beispielsweise dem Rett-Syndrom, schweren geistigen Behinderungen oder Schizophrenie gezogen werden.
Speziell ausgebildete klinische Psychologen und Neuropsychiater stellen die Diagnose. Auffälligkeiten werden zuvor im Gespräch mit den Eltern genau besprochen, das Verhalten des Kindes wird über einen längeren Zeitraum beobachtet. Zudem können Wahrnehmung, Sozialverhalten, Sprache, Motorik und intellektuelle Fähigkeiten des Kindes mit psychologischen Tests untersucht und weitere körperliche, neurologische und psychiatrische Untersuchung durchgeführt werden.
Therapie
Autismus ist nicht heilbar, bei der richtigen Förderung der betroffenen Kinder können sich diese aber gut weiterentwickeln. Wichtig ist dabei immer ein individuell auf das Kind abgestimmtes Therapieprogramm und der Einbezug der Eltern und weiterer Personen, die mit dem Kind zusammenarbeiten, etwa Lehrer oder Therapeuten. Mittlerweile gibt es viele verschiedene Therapieansätze, entsprechend zahlreich sind die Angebote für Betroffene. Die Österreichische Autistenhilfe sieht vor allem umfassende psychoedukative und/oder lerntheoretisch orientierte Programme als autismusspezifisch und damit als besonders geeignet an, ergänzt durch Förderung der Kommunikation und sozial-emotionalen Kompetenzen.
Eine solches multidimensionales Therapieangebot wäre zum Beispiel das TEACCH-Programm, in dessen Rahmen Eltern, Schule, berufliche Ausbildung, Kommunikation, Freizeitverhalten und weitere Punkte einbezogen werden, um eine optimale Lernumgebung zu schaffen. Hilfreich ist es auch, Kinder mit Autismus oder autistischen Zügen in integrativen Umgebungen wie Integrationsklassen zu fördern, wo sie große Fortschritte machen können.
Während einer Therapie wird besonders die Kommunikation, also Sprachaufbau oder Bildkommunikation, das Sozialverhalten, Spiel und Wahrnehmung gefördert und es wird versucht, die Handlungsmöglichkeiten des Kindes auszubauen. Medikamente können eine Therapie und entsprechende Förderung des Kindes nie ersetzen, in machen Fällen können sie jedoch Symptome bessern.
Wie sich das betroffene Kind weiterentwickelt, hängt davon ab, wie schwer die Symptome sind, wie das (Sprach-)Entwicklungsniveau und die näheren Umstände (Familie, Schule, Therapiemöglichkeiten) ausgeprägt sind oder ob weitere Probleme wie körperliche Beschwerden hinzukommen.
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