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Schnullerentwöhnung
Der Schnuller ist Beruhigungsmittel, Einschlafhilfe und Stiller des Saugbedürfnisses in einem. Am Beginn ist der „Nuckel“ ein Ersatz für die Mutterbrust, erklärt Logopädin Ulrike Lins vom deutschen Arbeitskreis für Vorsorge- und Sozialmedizin (aks). Gerade in der Anfangszeit sei es jedoch wichtig, dass das Kind sein Saugbedürfnis nicht am Schnuller, sondern an der Brust stille, was nicht nur die Muskulatur optimal trainiere, sondern damit auch die normale Kiefer- und Sprechentwicklung begünstigt.
Der Schnuller sollte deshalb bewusst und überlegt eingesetzt werden, um keine Gewohnheit zu entwickeln und spätere Fehlstellungen bzw. Sprachfehler zu vermeiden. Der Beruhigungssauger sollte dem Kind nur dann gegeben werden, wenn es ein Saugbedürfnis zeigt und nur solange, bis dieses wieder befriedigt ist bzw. sich das Kind beruhigt hat. Diese Meinung vertritt auch Kinderarzt Dr. Peter Voitl: Weder beim Schlafen, noch beim Sprechen sollte der Beruhigungssauger im Mund bleiben, zudem sei zu vermeiden, mehrere Schnuller in Griffweite des Kindes liegen zu haben.
Dabei bleibt auch zu bedenken, dass ein Kind nicht immer gleich den Schnuller braucht, wenn es weint. Es hat vielleicht einfach Hunger, benötigt eine frische Windel, hat Bauchschmerzen oder möchte getragen werden.
So kontrovers die Nutzung von Schnullern auch diskutiert wird, er ist dem Daumenlutschen in jedem Fall vorzuziehen, sagt Dr. Voitl. Da der Sauger anders als der Daumen aus weichem, biegsamen Material besteht und in Form und Größe dem Gaumen des Kindes angepasst ist, werden schwer korrigierbare Kiefer- oder Zahnfehlbildungen eher verhindert als beim Daumenlutschen (vorausgesetzt, der Schnuller wird rechtzeitig wieder abgewöhnt).
Mögliche Fehlentwicklungen durch Schnullernutzung müssen in jedem Fall immer in Zusammenhang mit der Nutzungsintensität gesehen werden. Ein Kind, dass täglich nur fünf Minuten am Sauger nuckelt, wird kaum von Fehlbildungen betroffen sein. Behält es den Nuckel dagegen jeden Tag über Stunden im Mund, können sich Fehlbildungen innerhalb weniger Monate zeigen.
Der passende Schnuller
Den richtigen Schnuller erkennt man an der Form: Das Weichteil ist abgeschrägt und kann sich so dem Gaumen besser anpassen. Allerdings sind Bezeichnungen wie „kiefergerecht“ oder „natürlich geformt“ irreführend, da bei zu intensiver Nutzung jeder Schnuller der Entwicklung des Kiefers und der Zähne auf Dauer schaden kann, betont aks-Logopädin Lins.
Was für Fläschchen gilt, sollte auch beim Schnuller eingehalten werden: Sauberkeit steht an erster Stelle, auch Schnuller sollten sterilisiert und regelmäßig ausgetauscht werden. Vor allem wenn bereits Abnutzungserscheinungen wie Risse oder Löcher zu sehen sind, sollte der alte Nuckel möglichst schnell entsorgt werden, um Keimbildung in den entstandenen Zwischenräumen zu vermeiden.
Um die Übertragung von Keimen oder gar Kariesauslösern zu verhindern, ist darauf zu achten, dass der Schnuller nur von einem Kind genutzt und auch nicht von erwachsenen Personen kurz abgeschleckt wird, etwa um ihn zu säubern.
Vorteile des Schnullers
Die Vorteile des Schnuller kennen all jene Eltern, die ihn bereits bei ihren Kindern im Einsatz haben: Er hilft beim Einschlafen und beruhigt das Kind. Bei Frühchen kann die Nutzung des Schnullers auch dabei helfen, das Kind schneller an Flaschennahrung zu gewöhnen und so die Ernährung über die Sonde eher beenden zu können.
Im Zusammenhang mit dem plötzlichen Kindstod wird ebenfalls eine positive Wirkung des Schnullers vermutet. 2005 ließ eine Studie darauf schließen, dass die Nutzung von Schnullern vor dem plötzlichen Kindstod schützen könnte. Ein direkter Beweis für diesen Zusammenhang konnte bislang jedoch nicht erbracht werden, nicht zuletzt wäre der Schnuller nur einer von vielen Faktoren, die beim plötzlichen Kindstod eine beeinflussende Rolle spielen.
Nachteile des Schnullers
Der Schnuller hat jedoch, bis bereits angesprochen, nicht nur Vorteile, sondern birgt auch gewissen Risiken, die sich jedoch auf eine intensive Schnullernutzung beziehen:
- Infektionsgefahr: Ein Zusammenhang zwischen langer, intensiver Schnullernutzung und dem Entstehen von Mittelohrentzündungen konnte nachgewiesen werden. Es wird vermutet, dass anhaltendes Nuckeln auch zu weiteren Infektionen und zu Folgen wie Koliken oder Durchfall führen kann
- Zahnprobleme: Der Schnuller kann wie angesprochen zu Zahnfehlstellungen führen, vor allem dann, wenn die zweiten Zähne bereits nachkommen und das Kind noch immer am Sauger nuckelt
- Sprachentwicklung: Das Kind muss einen freien Mund haben, um locker brabbeln und sprechen zu können und so seine Sprachentwicklung voranzutreiben
- Stillen: Bis sich der Stillvorgang richtig eingespielt, sollte auf den Schnuller verzichtet werden, empfiehlt die Österreichische Stillkommission und richtet sich damit nach einer Empfehlung der WHO. Studien hatten gezeigt, dass Kinder, die bis zum 3. Lebensmonat täglich am Schnuller nuckeln, eher abgestillt werden – grundsätzlich wird aber eine längere Stilldauer empfohlen.
Entwöhnungstipps
Wie schnell ein Kind vom Schnuller entwöhnt werden kann, hängt immer davon ab, wie oft er zuvor genutzt wurde. Mediziner empfehlen, das Kind spätestens zwischen dem zweiten und dritten Lebensjahr vom Schnuller zu entwöhnen, um mögliche langfristige Fehlentwicklungen zu vermeiden. Noch einfacher gelingt die Entwöhnung vor dem ersten Geburtstag bzw. auch dann, wenn der Schnuller nur hin und wieder gegeben wurde und damit nicht zur Gewohnheit werden konnte.
Bis zur Vollendung des ersten Lebensjahres nimmt auch das natürliche Saugbedürfnis ab, da festere Nahrung gegeben werden kann. Lässt man dem Kind den Schnuller, wird dieses Bedürfnis laut aks-Expertin Lins nur künstlich aufrechterhalten.
Bei der Entwöhnung sollten Eltern vor allem darauf achten, dass kein Druck entsteht und sich das Kind freiwillig von seinem Nuckel trennt. Den Schnuller ohne Vorwarnung wegzunehmen wäre nicht sinnvoll, da das Kind in diesem Fall einen plötzlichen Verlust verarbeiten müsste und sich unter Umständen ungerecht bestraft fühlt.
Die Entwöhnung kann unterschiedlich angegangen werden. Klassische Tricks sind die „Schnullerfee“, der Nikolo oder das Christkind. Alle drei holen den Schnuller ab und hinterlassen stattdessen eine kleine Überraschung für das Kind. Es kann auf dieses Ereignis vorbereitet werden und freut sich meist auf das Geschenk und über die Tatsache, zu den „großen“ Kindern zu gehören, die keine Nuckel mehr brauchen. Der Schnuller wird dabei vom Kind an einen bestimmten Platz gelegt, wo er „abgeholt“ werden kann.
Eine andere Möglichkeit ist, das Kind langsam zu entwöhnen, indem der Schnuller immer seltener bzw. nur in Ausnahmesituationen etwa vor dem Schlafengehen gegeben wird. Für jeden Tag, an dem das Kind freiwillig verzichtet, bekommt es beispielsweise einen Stern auf eine Tafel geklebt – zehn Sterne bedeuten eine kleine Überraschung.
Ein Trend, der sich nur langsam verbreitet, ist der Schnullerbaum. Das Kind hängt seinen Schnuller in die Baumkrone, wo schon viele weitere Exemplare hängen, die andere Kinder zuvor abgegeben haben.
Bei Problemen mit der Schnuller-Entwöhnung kann auch der Kinderarzt etwa im Rahmen der nächsten Vorsorgeuntersuchung hinzugezogen werden und weitere Schritte vorschlagen.
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