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Gute Nacht Geschichten
Bücher sind viel mehr als bedrucktes Papier. Sie regen unsere Fantasie an, entführen uns in fremde Welten und erweitern unseren Horizont. Geschichten sind ganz besonders für Kinder von Bedeutung, sie helfen ihnen dabei, die Welt besser zu verstehen, sprachliche Fähigkeiten und eigenständiges Denken zu entwickeln: ein Plädoyer für die Gutenachtgeschichte.
Die positive Wirkung des Vorlesens
Bildungs- und ErziehungsexpertInnen werden nicht müde zu betonen, wie wichtig das Vorlesen ist. Gerade in der heutigen Zeit wachsen viele Kinder wie selbstverständlich mit Fernseher, Smartphone und Tablet auf. Viele von ihnen haben verlernt, sich Inhalte selbstständig zu erschließen. Manchen fällt es schon schwer, fünf Minuten in Ruhe durch ein Buch zu blättern. Es mag auf der Hand liegen, dennoch haben wir die wichtigsten Erkenntnisse rund ums Lesen und Vorlesen zusammengefasst:
- Vorlesen begünstigt die Sprachentwicklung (vor allem im Kleinkindalter erweitern Kinder täglich und teilweise explosionsartig ihren Wortschatz).
- Es wirkt sich positiv auf jene Areale im kindlichen Hirn aus, die für Kreativität und Schaffensfreude zuständig sind.
- Fantasie und eigenständiges Denken werden angeregt.
- Vorlesen unterstützt die Verarbeitung von Gefühlen und Erlebnissen.
- Eine gemeinsame Lesekultur gilt als wichtiger Baustein für späteres Erfassen und Lernen (z.B. im Schulalter).
- Vorlesen stärkt die Bindung zwischen Eltern und Kind. Es entsteht dadurch die Möglichkeit, sich nahe zu sein und gemeinsam zur Ruhe zu kommen.
- Insbesondere die Gutenachtgeschichte ist für viele Kinder ein wichtiger Orientierungspunkt. Sie gibt Sicherheit und hilft dabei, den Übergang vom Tag in die Nacht bewusst zu gestalten.
Tipps für Geschichtenerzähler
Wir beginnen gleich mit dem obersten Gebot für Geschichtenerzähler: nur keine falsche Scham beim Vorlesen. Für Kinder geht es nicht darum, ob Mama oder Papa das Buch perfekt wiedergeben oder jedes Wort richtig aussprechen. Viel bedeutsamer ist es für sie, gemeinsame Zeit zu verbringen und die ungeteilte Aufmerksamkeit der Eltern zu genießen. Mit folgenden Tipps wird die Gutenachtgeschichte zum Vergnügen für Groß & Klein:
- Eltern sollten sich ausreichend Zeit nehmen und den Abend auch entsprechend planen. Unter Druck vorzulesen macht keinen Spaß, außerdem spüren die Kinder den Stress – es fällt ihnen schwerer, sich auf die Geschichte einzulassen und zur Ruhe zu kommen.
- Eine gemütliche Atmosphäre wirkt Wunder. Wer möchte kann sich zu zweit in einen großen Sofasessel setzen oder im Kinderzimmer eine Kuschelecke mit Decken und Pölstern einrichten. Manche Kinder legen sich auch gerne in ihr Bett um von dort aus den Geschichten zu lauschen, für einige ist auch das Elternbett ein idealer Ort zum Vorlesen.
- Keine Angst vor Fehlern! Wir haben es bereits erwähnt, es geht nicht um Perfektion, sondern viel mehr um das gemeinsame Erlebnis.
- Die Gutenachtgeschichte sollte fixer Bestandteil des abendlichen Rituals werden. Mit der Zeit gewöhnen sich Kinder daran, viele freuen sich schon beim Aufstehen auf die exklusive Zeit mit Mama und/oder Papa.
- Geschichten wählen, die zum eigenen Kind passen. Das klingt nicht sehr kompliziert, ist in der Praxis aber gar nicht so einfach. Es gibt Kinderbücher für alle Altersstufen, der Markt ist unüberschaubar groß. Eltern sollten sich daher einfach an ihrem Nachwuchs orientieren. Das Alter spielt natürlich eine Rolle, ebenso die persönlichen Interessen des Kindes. Für kleine Kinder sind Bilder besonders attraktiv, größere lesen gerne schon ein wenig mit. Vielleicht gibt es auch ein Thema, das das Kind derzeit beschäftigt z.B. die Eingewöhnung im Kindergarten. Wer mag, greift auf klassische Gutenachtgeschichten zurück. Sie handeln vom Sandmännchen und seinen Freunden, sind außerdem häufig in einem Band zusammengefasst.
- Für Fragen des Kindes zur Verfügung stehen. In gewisser Hinsicht ist Vorlesen auch eine Art der Kommunikation. Während Mama und Papa die Geschichte „nur“ erzählen, wird sie vor dem geistigen Auge des Kindes lebendig. Das wirft seitens des Kindes manchmal Fragen auf, vielleicht versteht es eine bestimmte Stelle oder Beschreibung nicht. Darauf sollten Eltern achtsam eingehen. Ganz gleich, ob es sich um Abenteuergeschichten, Heldentaten, Tiergeschichten oder Alltagsbegebenheiten handelt, Kinder verarbeiten das, was sie hören. Je älter sie sind, desto häufiger bringen sie sich selbst damit in Verbindung. Sie identifizieren sich mit den Helden des Buches und lernen Gefühle besser einzuordnen. Dies erfordert eine liebevolle Begleitung der Eltern. Fragen sind also erlaubt, genauso wie Gespräche über das Gelesene.
- Der Spaß und die Freude sollten immer im Vordergrund stehen. Das Vorlesen der Gutenachtgeschichte ist, wenn man so will, Qualitätszeit für die ganze Familie. Hektik, Alltagssorgen und Streitereien sind hier fehl am Platz. Das Lesen bietet einen geschützten Rahmen für Erholung und Wohlbefinden.
Ritual für die ganze Familie
Dass Kinder Rituale lieben ist ja gemeinhin bekannt. Sie begünstigen die positive Entwicklung, geben Halt sowie Orientierung. Auch wenn sich viele Eltern dessen bewusst sind, ist es dennoch nicht so einfach, im hektischen Familienalltag Raum für Rituale zu schaffen. Es sind allen voran zwei Tageszeiten, die sich für gemeinsames Erleben anbieten: die Mittagszeit und der Abend. Zu Mittag wird im Kreise der Familie gegessen und gekocht, da können selbst die Kleinsten schon mithelfen. Am Abend gilt es dann, zur Ruhe zu kommen und den Tag gemütlich ausklingen zu lassen. Besonders jüngere Kinder haben noch kein Zeitgefühl, sie leben einfach im Moment. In Punkto Tagesablauf orientieren sie sich daher auch nicht an der Uhr, sondern an Aktivitäten.
Das Vorlesen einer Gutenachtgeschichte kann ein wertvoller Bestandteil eines gemeinsamen Abendrituals sein. Es signalisiert dem Kind, dass es jetzt bald schlafen gehen wird und erlaubt es ihm, noch einmal in schöne Fantasiewelten einzutauchen. ErziehungsexpertInnen empfehlen, einen Ablauf festzulegen und diesen beizubehalten. Das kann beispielsweise so aussehen: zuerst wird gemeinsam Abend gegessen, dann ziehen die Kinder ihren Pyjama an und putzen sich die Zähne, anschließend kuschelt man sich auf die Couch oder bereits ins Bett, um dort noch eine Geschichte zu lesen. Auch eine gemütliche Ecke oder der Familientisch können als Kulisse für das Vorlesen dienen. Hauptsache alle fühlen sich dabei wohl.
Tipp: Kinder schätzen Rituale, sie müssen sich aber erst daran gewöhnen. Wer also am Abend einen neuen Ablauf schaffen möchte, muss diesen vermutlich ein paar Mal wiederholen, bis er sich beim Nachwuchs als Fixpunkt einprägt. Idealerweise beginnt man damit bereits im Babyalter. Auch die Kleinsten orientieren sich schon an gewissen Handlungsabläufen. Ein abendliches Baderitual kann später durch das Vorlesen einer Gutenachtgeschichte ergänzt werden. Das lässt sich übrigens auch noch fortführen, wenn die Kinder im Schulalter sind. Sie können sich alleine an einen ruhigen Ort zurückziehen und selbst jeden Abend aus einem Buch lesen.
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