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Attachment Parenting
Die amerikanische Schauspielerin Mayim Bialik hat mit „Beyond the Sling“ einen Erziehungsratgeber geschrieben, der Vätern und Müttern moderne Wege der Elternschaft aufzeigt. Ganz nebenbei hat sie dadurch auch dazu beigetragen, dem Begriff des Attachment Parenting zu neuer Popularität zu verhelfen – Bialik hat ihm sozusagen einen neuen Anstrich verpasst.
Eine deutsche Bezeichnung sucht man bislang dafür jedoch noch vergebens. Am ehesten lässt sich die Erziehungs- und Bindungstheorie wohl mit bedürfnisorientierter Elternschaft umschreiben. Während Attachment Parenting in Amerika und Großbritannien bereits in aller Munde ist, steckt es im deutschsprachigen Raum noch in den Kinderschuhen. Vereinzelt gibt es jedoch Initiativen und engagierte Eltern-Gruppen, die andere über Grundgedanken und Vorteile des Attachment Parenting aufklären und konkrete Tipps für die Umsetzung im Familienalltag geben.
Entstehung
Der Kinderarzt Dr. William Sears entwickelte vor einigen Jahren gemeinsam mit seiner Frau eine Erziehungsphilosophie, die in der entwicklungsbiologischen Bindungstheorie verwurzelt ist. Sears ist davon überzeugt, dass Kinder ihr Leben lang davon geprägt sind, wie sie Bindung (zu den Eltern) erleben und gestalten dürfen. Ein starkes emotionales Band zwischen Mutter/Vater und Kind ist somit die Eintrittskarte in ein selbstbestimmtes, selbstbewusstes Leben als Erwachsener.
Je weniger Eltern sich um ihr Kind kümmern, je weniger sie emotional verfügbar oder körperlich anwesend sind, desto schwieriger wird es für den Nachwuchs, sich im späteren Leben sicher zu bewegen. Traditionelle Erziehungsmethoden und eine frühe Auslagerung der Kinderbetreuung lehnt Sears daher strikt ab. Er stützt sein Erziehungskonzept auf die Annahme, dass jedes Kind von Grund auf ein starkes Bedürfnis nach Nähe, Geborgenheit, Sicherheit, Berührung, Akzeptanz und Vertrauen hat. Die Aufgabe der Eltern ist es demnach, rechtzeitig zu erkennen, was der Nachwuchs gerade braucht (Zuwendung, Trost, Aufklärung über bestimmte Situationen) und danach zu handeln. Dies fordert von Müttern und Vätern Hingabe, Empathie und die tägliche Auseinandersetzung mit dem Kind. Nur so sind sie in der Lage, fürsorglich und einfühlsam zu reagieren.
Grundprinzipien
Die Erziehung nach dem Attachment Parenting basiert auf 8 Grundprinzipien. Diese gehen auf diverse Entwicklungstheorien, Studienergebnisse und Erkenntnisse von Williams Sears zurück. Sie sollen Eltern dabei helfen, das Konzept zu verstehen und im täglichen Erziehungsalltag anzuwenden. Diese Leitgedanken werden auch Prinzipien der Erziehung genannt und lauten wie folgt:
Vorbereitung auf Schwangerschaft, Geburt und Elternschaft
Verantwortungsvolle Elternschaft beginnt bereits während der Schwangerschaft. Gemeinsam sollen sich werdende Eltern auf den Nachwuchs einstimmen und sich bewusst über unterschiedliche Vorsorgeuntersuchungen, Pränataldiagnostik, Entbindung, Wochenbett und Methoden der Kindererziehung informieren. Anschließend gilt es, sich darüber zu unterhalten und sich auf einen Weg zu einigen, der sowohl Vater als auch Mutter gleichermaßen einbindet und anspricht. Eine natürliche Geburt ohne äußere Eingriffe (z.B. Schmerzmittel, Kaiserschnitt) wird empfohlen, da sie für Mutter und Kind einen ersten wichtigen Bindungsaspekt darstellt.
Liebe und Respekt
Attachment Parenting sieht vor, dass Kinder so lange wie möglich (bis zum 7. Lebensjahr) gestillt werden. Mit dem Kind eine Stillbeziehung einzugehen, bedeutet nämlich, es mit Liebe und Geborgenheit zu füttern. Die körperliche Nähe erzeugt Bindung, Stillen steht für eine verantwortungsvolle Ernährungsentscheidung seitens der Eltern. Wichtig: das Baby bestimmt die Fütterungszeiten. Gestillt wird nur, wenn es hungrig ist. Eltern dürfen für das Stillen keinen Zeitplan vorgeben, sie müssen sich nach den Bedürfnissen des Kindes richten.
Feingefühl
Auf alle Anforderungen des Nachwuchses mit Feingefühl, Empathie und Offenheit einzugehen, gilt als Kernelement des Attachment Parenting. Eltern sollten mit ihrer Aufmerksamkeit stets voll und ganz beim Kind sein, um rechtzeitig handeln zu können. Die Reaktion muss den Anforderungen, Wünschen und Möglichkeiten des Kindes entsprechen. Es sollte sich absolut verstanden und angenommen fühlen, egal was es zu welchem Zeitpunkt auch benötigt. Seinem Kind bestimmte Verhaltensweisen anzutrainieren (z.B. in Bezug auf Schlafen, Essen) ist im Attachment Parenting verpönt.
Berührungen
Körperliche Nähe und Berührungen spielen eine große Rolle. Dadurch wird den Kindern Wärme und Geborgenheit vermittelt. In den ersten Lebenswochen und Monaten sollten Eltern ihr Kind daher so oft und so nahe wie möglich am Körper tragen (z.B. in einem Sling oder einem Tragetuch). Später zählen Umarmungen, Händchen halten, Massagen und kleine Streicheleinheiten.
Geborgenheit beim Schlafen
Kinder fühlen sich laut Attachment Parenting am wohlsten, wenn sie direkt bei den Eltern oder zumindest ganz in der Nähe übernachten. Die Anwesenheit von Mutter und Vater soll auch in der Nacht spürbar sein. Der Großteil aller Attachment Parenting Eltern entscheidet sich daher für ein so genanntes Familienbett. Das bedeutet, alle Familienmitglieder schlafen in einem Bett. Alternativ können Kinder auch in eigenen Betten, die im Schlafzimmer der Eltern aufgestellt sind, nächtigen.
Kontinuität
Um die Bindung zum Nachwuchs zu stärken, sollte idealerweise ein Elternteil durchgehend anwesend, also für das Kind da, sein. Wechselnde Bezugspersonen und die frühe Auslagerung der Kinderbetreuung wird im Attachment Parenting als problematisch erachtet, da Kinder dadurch in ihrem Sicherheitsgefühl beeinträchtigt werden könnten.
Positive Disziplinierung
Von Bestrafungen im klassischen Sinne wird abgeraten. Um Grenzen aufzuzeigen, sollten Eltern sich die Zeit nehmen, gemeinsam mit dem Kind die Situation zu erfassen und zu erklären. Außerdem sollten sie sich als Vorbilder sehen und den Kindern gewisse Verhaltensweisen so vorleben, dass es gar nicht erst zu einer möglichen Bestrafungssituation kommen kann. Alternative Wege der Disziplinierung wären außerdem, das Kind abzulenken, ihm konkret Ersatz anzubieten oder sich der Situation spielerisch zu nähern.
Balance
Im Attachment Parenting haben alle Familienmitglieder den gleichen Stellenwert. Die emotionale Balance zwischen Elternschaft und eigenem Leben zu halten, ist insbesondere für engagierte Eltern essentiell.
Kritik
Gerade beim Thema Kindererziehung scheiden sich die Geister – so auch in Bezug auf Attachment Parenting. Befürworter heben die positive Wirkung auf die Entwicklung des Kindes in vielen unterschiedlichen Bereichen vor. Attachment Parenting Kinder gelten im Regelfall als selbstbewusster, eigenständiger und kreativer als andere Kinder. Die enge Bindung zur Mutter und zum Vater gibt ihnen Sicherheit und Rückhalt von Anfang an. Dadurch werden Kinder eher ermutigt Neues zu wagen und ihren eigenen Weg zu entdecken.
Kritiker halten jedoch fest, dass Attachment Parenting übermäßig viel Aufmerksamkeit und eine Rund-um-die-Uhr Beschäftigung mit dem Nachwuchs erfordert. 24 Stunden mit der Befriedigung der kindlichen Bedürfnisse beschäftigt zu sein, kostet sehr viel Kraft. Totale Hingabe für das Kindeswohl ist in der Praxis, wo meist beide Elternteile berufstätig sind, nur schwer möglich. Außerdem gehen einige ErziehungsexpertInnen davon aus, dass der überfürsorgliche Erziehungsstil des Attachment Parenting den gesunden, schrittweisen Abnabelungsprozess zwischen Eltern und Kindern behindere.
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Kommentar von Kasia |
Nur eine kleine Frage: Wenn die Kinder so erzogen werden, dass sich die Eltern voll und ganz nach ihren Bedürfnissen richten, bis zum 7. Jahr gestillt werden (was schon etwas seltsam erscheint, wenn ein 7jähriger an Mama`s Brust nuckelt) und die Eltern ab der Geburt keinerlei Privatsphäre besitzen …wer soll denn bitte schön solche Kinder hinterher beschulen?! Die sind doch absolut nicht Gesellschaftsfähig!